Tagung: Urbanitas. Veränderungen von Stadtbild und urbaner Lebenswelt in der Spätantike und frühbyzantinischen Zeit. Assos im Spiegel städtischer Zentren Westkleinasiens. Vom 18. bis 20.11.2015 im RGZM

Antiker Großbau mit frühbyzantinischem Einbau (© Assos-Archiv Universität Çanakkale, Aykan Özener).

Antiker Großbau mit frühbyzantinischem Einbau (© Assos-Archiv Universität Çanakkale, Aykan Özener).

»…. und fuhren nach Assos, wo wir Paulos an Bord nehmen
sollten … (Apg 20,14)«

Assos war noch in römischer und frühbyzantinischer Zeit eine
der größeren Städte in Westkleinasien. Konform zu vielen anderen Provinzstädten ist aber nur wenig zur Siedlungsentwicklung bekannt. Auch wenn es in den letzten Jahren viele Untersuchungen zu spätantiken Städten gab, sind umfassende Aspekte des Alltagslebens, beginnend von der Hausarchitektur über die Infrastruktur bis hin zur Ausstattung der Unterkünfte und der materiellen Versorgung der Menschen bei den meisten Orten im Dunkeln geblieben. Das von antiken Verteidigungsmauern umgebene spätantike und frühbyzantinische Stadtgebiet von Assos wurde in späteren Zeiten nie überbaut, daher bietet es ideale Voraussetzungen für grundlegende Untersuchungen. Dies gilt umso mehr, da in Assos im Gegensatz zu anderen prominenten Orten in früheren Jahren nie großflächig ausgegraben wurde und das Stadtgebiet noch als »unberührte« Fläche in Gänze zur Verfügung steht.

Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt »Die Entwicklung der Stadt Assos in der Spätantike und byzantinischen Zeit« will nun die ersten Ansätze bei dieser Tagung präsentieren und in einem breiteren Umfeld diskutieren. Im Fokus sollen Regionalstudien zu städtebaulichen und materiellen Entwicklungen kleinasiatischer Städte vom 4. bis in das 7. Jh. stehen. In den Regionalstudien werden vorrangig drei Blöcke untersucht: 1. Stadtentwicklungsgeschichte in der Spätantike und frühbyzantinischen Zeit, 2. Religiöse Bauten im städtebaulichen Kontext, 3. Materielle Kultur im Kontext. In einer Abschlussdiskussion wird versucht, anhand der einzelnen Regionalstudien generelle Verläufe des Alltagslebens nachzuvollziehen.

Organisation: Dr. Beate Böhlendorf-Arslan

RGZM | Römisch-Germanisches Zentralmuseum
im Kurfürstlichen Schloss
Ernst-Ludwig-Platz 2
55116 Mainz

Programm

Plakat

Veranstaltungsauftakt am 18.11.15 im Museum für Antike Schifffahrt

Um Anmeldung wird gebeten unter boehlendorf(at)rgzm.de

http://www.byzanz-mainz.de/aktuelles/a/article/urbanitas-veraenderungen-von-stadtbild-und-urbaner-lebenswelt-in-der-spaetantike-und-fruehbyzantinischen-zeit-assos-im-spiegel-staedtischer-zentren-westkleinasiens/

Bischofspalast in Assos entdeckt?

Halle mit Säulen in der Apsis. Im Hintergrund Reste einer Kirche. (Foto: Assos Ausgrabungs-Archiv / Aykan Özener)

Halle mit Säulen in der Apsis. Im Hintergrund Reste einer Kirche. (Foto: Assos Ausgrabungs-Archiv / Aykan Özener)

 

Während einer Grabungskampagne in der antiken Stadt Assos (Türkei) fanden Archäologen den Grundriss einer ehemals prachtvoll ausgestatteten Halle. Dabei könnte es sich um den Empfangsraum eines Bischofspalastes handeln.

Seit Oktober 2013 ist am RGZM das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt „Entwicklung der Stadt Assos in spätantiker und byzantinischer Zeit“ angesiedelt. Durch die Einbettung in den Leibniz-WissenschaftsCampus Mainz: Byzanz zwischen Orient und Okzident besteht die Möglichkeit für Studierende der Johannes-Gutenberg-Universität, sich an diesen Forschungen zu beteiligen und zusammen mit Studierenden der Universität Çanakkale an den türkischen Ausgrabungen teilzunehmen. Gleich im ersten Ausgrabungsjahr des Projektes wurden in diesem Sommer und Herbst sensationelle Ergebnisse erzielt: unmittelbar südlich einer Kirche wurde eine Halle ausgegraben, bei der es sich möglicherweise um den Empfangsraum des Bischofspalastes handelt. Der monumentale Raum schließt im Westen mit einer Apsis ab, die rückwärtig von zwei Räumen flankiert wird. Das Innere der Halle war ursprünglich qualitätvoll ausgestattet: Marmorplatten verkleideten die Wände, der Thron stand offenbar zwischen den beiden Säulen in der Apsis. Errichtet wurde der Palast im 5. oder frühen 6. Jahrhundert. Kleinere Umbauarbeiten belegen eine Nutzung bis in das 7. Jahrhundert.

In unmittelbarer Nachbarschaft des Palastes befindet sich ein Gebäudekomplex, der ebenfalls in diesem Jahr ausgegraben wurde. Der hellenistische Großbau wurde in frühbyzantinischer Zeit vollständig mit Räumen zugebaut. Möglicherweise handelt es sich hierbei um eine private Nachnutzung einer vermögenden Familie, die sich in prominenter Lage ein teilweise zweistöckiges Anwesen schuf, das mit Küche, Vorrats- und Lagerräumen, Korridor, Portikus und mehreren Aufenthaltsräumen ausgestattet war. Aus diesem Gebäude wurden hochwertige Funde, wie zahlreiche Glasgefäße, eine mit Heiligen verzierte Schale der African Red Slip-Ware aus Tunesien, eine figürlich verzierte Gemme und eine stilisierte Pferdefibel geborgen.

Den touristischen Besuchern in Assos fallen zudem noch andere Arbeiten ins Auge: im Stadtgebiet wurden in diesem Jahr großflächig dichte Macchia-Gebüsche weggeschnitten. Mit dieser Maßnahme kann nun erstmals flächendeckend die oberflächlich sichtbare frühbyzantinische Infrastruktur und Hausbebauung kartiert und dokumentiert werden.

Projektleitung

Dr. Beate Böhlendorf-Arslan

Studentische Mitarbeiter

Ramona Müller, Alessio Mascali, Katharina Hart (Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte, JGU), Jessica Diefenbach (Bauforschung, Fachhochschule Wiesbaden)

Einführende Publikationen

  • N. Arslan – B. Böhlendorf-Arslan, Assos. Living in the Rocks (Istanbul 2010).
  • N. Arslan – K. Rheidt (mit Beiträgen von B. Böhlendorf-Arslan, E.-M. Kasubke, K. Müller u. Haiko Türk), Assos. Bericht über die Ausgrabungen und Forschungen zur Stadtentwicklungs-geschichte 2006 bis 2011, Archäologischer Anzeiger 1, 2013, S. 195-246.